Honorarberatung: Ein ergänzendes Geschäftsmodell zur Provisionsberatung
Die Finanzbranche steht vor einem Paradigmenwechsel: Der Gesetzgeber stellt Provisionsvermittlern immer mehr Hürden in den Weg. Somit interessieren sich zwar immer mehr Berater für die Honorarberatung als Alternative oder Ergänzung zur traditionellen provisionsbasierten Beratung. Doch viele Finanzberater zögern, diesen Schritt zu gehen, aus Angst, ihr etabliertes Provisionsgeschäft aufgeben zu müssen.
Den Großteil ihrer Einnahmen erwirtschaften Versicherungsmakler durch Abschlüsse im Bereich der biometrischen Risiken und bauen sich einen Sachbestand mit laufenden Einnahmen auf. Zusätzlich werden Altersvorsorgepolicen in jeglicher Form verkauft. Das Verhältnis zwischen einmaligen und laufenden Einnahmen liegt irgendwo bei 70 zu 30 Prozent, je nach Spezialisierung stark variierend.
Vielen Beratern ist nicht klar, dass die Honorarberatung eigentlich mit reinen Versicherungsgeschäften nicht viel zu tun hat. Oft wird als Argument gegen die Honorarberatung vorgebracht, Kunden seien nicht bereit, für die Beratung zu einer Berufsunfähigkeits- oder Krankenversicherung, geschweige denn für Sachversicherungen, ein Honorar für provisionsfreie Tarife zu bezahlen. Dieses Argument ist dadurch begründet, dass Kunden bei diesen Nettoprodukten keinen großen monetären Mehrwert zu erwarten haben. Zudem gibt es am Markt für diese Sparten relativ wenige Lösungen auf Nettobasis. Daher ist ein Kunde in diesem Bereich bei einem Versicherungsmakler, der den gesamten Markt beleuchten kann, sicherlich besser aufgehoben.
Den Gesetzgeber stört es auch nicht, dass jegliche Versicherungsprodukte zur Absicherung von Risiken auf Provisionsbasis vermittelt werden. Nicht hier sind die Schäden am Verbraucher entstanden, die in den Medien für Aufmerksamkeit gesorgt haben, sondern im Bereich der Anlageprodukte. Dort fließen laut BaFin bei rund einem Drittel der Lebensversicherungsunternehmen zu hohe Provisionen, die beim Verbraucher zu Schäden führen und seine Rendite übermäßig belasten. Entsprechend fordert der Gesetzgeber in Zukunft deutliche Einschränkungen bei der Provisionsvergütung, die bis hin zum Provisionsverbot führen kann, wie es schon in einigen Ländern der Fall ist.
Daraus ergibt sich aber für Finanz- und Versicherungsmakler eine große Chance, ihr bestehendes Geschäftsmodell durch die Kombination von Honorar- und Provisionsberatung zu diversifizieren und sich breiter aufzustellen. Der Gesetzgeber erlaubt es Beratern, beide Vergütungsmodelle am Markt anzubieten. Niemand verbietet es, das altbewährte Sach- und Biometrie Geschäft weiterhin auf Provisionsbasis zu betreiben und die einmaligen und laufenden Einnahmen daraus zu beziehen. Was würde aber dagegensprechen, im Bereich der Altersvorsorge und Geldanlage dem Kunden sogenannte „Nettotarife“ und „Nettodepots“ anzubieten? Sollte der Kunde nicht in der Lage sein, dies direkt zu honorieren, kann man ihm immer noch die Möglichkeit einer Provisionsvergütung zur Verfügung stellen.
Berater können die Honorarberatung am besten schrittweise in ihr bestehendes Geschäftsmodell integrieren, um die Akzeptanz bei Kunden und sich selbst zu erhöhen. Die Honorarberatung bietet Finanzberatern die Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell zu diversifizieren und sich als unabhängige und transparente Berater zu positionieren. Durch eine schrittweise Einführung und gezielte Weiterbildung können Berater die Vorteile der Honorarberatung nutzen, ohne ihr bestehendes Provisionsgeschäft aufgeben zu müssen.